Eine Ohrfeige für den Rechtsf…..

… findet sich in dem Beschluss 17 W 8/10 des OLG Köln m 25.o1.2010. Das Gericht liest dem Kostenbeamten gründlich die Leviten:

Die vom Rechtspfleger gegebenen wechselnden Begründungen sind rechtsirrig, beruhen insbesondere darauf, dass von ihm das inzwischen mehr als 5 ½ Jahre geltende Recht in Form des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen wird und er – insoweit allerdings folgerichtig – sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes beruft, die noch zur Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung ergangen war, infolge der Rechtsänderung jedoch überholt ist.

1. Von der an sich gebotenen Aufhebung und Zurückverweisung sieht der Senat nach alledem ab. Eine solche wäre geboten, weil ein Verstoß gegen den im Grundgesetz garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör vorliegt, Art. 103 Abs. 1 GG. Nach unbestrittener Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (s. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Auflage, § 572 Rn. 11 m. zahlr. Nwen.), der auch der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, ist ein Nichtabhilfebeschluss jedenfalls dann gesondert und nicht nur floskelhaft durch Bezugnahme auf die bereits im Kostenfestsetzungsbeschluss gegebene Begründung zu bescheiden, wenn der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren neue Tatsachen vorgebracht hat oder auf Literatur und Rechtsprechung hinweist. Dann ist der Rechtspfleger zwingend gehalten, sich mit der Argumentation des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Dem genügt die vom Rechtspfleger gegebene Begründung nicht ansatzweise, mit der er einerseits auf eine – wie noch auszuführen sein wird – völlig verfehlte Rechtsauffassung im Kostenfestsetzungsverfahren verweist und als weiteres Argument einen Gesichtspunkt heranzieht, der bis dahin von keinem der Beteiligten vorgebracht wurde, ohne dies näher zu erläutern (Anerkenntnis).

2. Bei Anwendung des vom Rechtspfleger übergangenen geltenden Rechts steht dem Kläger die zur Festsetzung beantragte Einigungsgebühr nach Nr. 1003, 1000 VV RVG unbedenklich zu. …

Balsam auf die Seele aller von diesen gerichtlichen Gebührenkürzern gebeutelten Anwälte, oder? 😉

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Wenn schon, denn richtig !

Wenn man schon zu schnell fährt, sollte man die höchstzulässige Geschwindigkeit auch kräftig überschreiten, um sich alsdann auf ein Augenblicksversagen berufen zu können – das scheint jedenfalls die nachfolgende Entscheidung des OLG Bamberg 3 SS OWI 814/10 vom o1.o6.2010 nahe zu legen, zitiert nach dem aktuellen ADAJUR-Newsletter:

Augenblicksversagen in Tempo 30-Zone nur bei deutlicher Überschreitung der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h

1. Macht der Betroffene geltend, aufgrund eines Wahrnehmungsfehlers eine innerorts angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h aufgrund eines Wahrnehmungsfehlers übersehen zu haben, kommt die Berufung auf ein Augenblicksversagen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Betroffene zugleich die nach § 3 III Nr.1 StVO innerhalb geschlossener Ortschaften gültige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h deutlich (hier: um 30 %) überschritten hat.

2. Will das Tatgericht in einem derartigen Fall von einem Fahrverbot absehen, sind Feststellungen dazu zu treffen, weshalb gerade für den konkreten innerörtlichen Straßenabschnitt die Begrenzung angeordnet war und ob sich diese Gründe für den Betroffenen, etwa aufgrund der Örtlichkeit oder sonstiger Gegebenheiten, nicht ohnehin aufdrängen mussten.

Aus den Gründen: Ein Wahrnehmungsfehler kann den Betroffenen allerdings nur dann entlasten, wenn dieser seinerseits nicht als pflichtwidrig anzusehen wäre.

Fundstellen: ADAJUR-Archiv Nr. 89182

Na denn! 😉

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Sparkasse non calculat??

Schon erstaunlich, welche Zicken sich „unsere“ (?) Sparkasse nach Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses leistet:

Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Wismar 6 M 1***
Ihr Kunde: xyz

Sehr geehrte Damen und Herren,

bezüglich des o.a. Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses rief am 31. d.M. eine Mitarbeiterin Ihres Hauses hier an und meinte, wenn wir Ihr nicht eine aktuelle Forderungsaufstellung mit Zinsberechnung übersendeten, könne der o.a. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss „nicht bearbeitet“ werden. Diesbezüglich erlaube ich mir, Folgendes anzumerken:

Dass bei zumindest Hunderten inzwischen hier ausgebrachter Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse bisher noch kein Geldinstitut eine Forderungsaufstellung verlangt hat, sei nur am Rande erwähnt. Es erscheint auch nur schwer vorstellbar, dass die Berechnung von Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf eine Hauptforderung von 585,12 € und auf Kosten von 105,11 € über den bereits berechneten Zeitraum Ihrerseits nicht möglich sein sollte.

Jedenfalls aber sollte gerade in Ihrem Hause als öffentlich-rechtlichem Institut bekannt sein, dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eine hoheitliche Maßnahme eines Gerichts darstellt, dessen Bearbeitung sicherlich nicht im Ermessen einer Ihrer Sachbearbeiterinnen liegt. Dementsprechend darf ich bitten, diese nunmehr unverzüglich vorzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
RA J. Melchior

Mal sehen, was denen jetzt einfällt. 😉

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So einfach ist das …

Gerade in einem Forum bei wallstreet-online gelesen – interessanter Kommentar:

„Lebensversicherungen dürfen nach einem BGH Urteil als legaler Betrug bezeichnet werden. Ich bin z.B. bei AtlanticLux in Luxemburg investiert. Jeder Cent wird dort in Fonds eingezahlt. Je tiefer die Kurse fallen, desto mehr Fondsanteile bekomme ich. Auf Sicht von 20 bis 30 Jahren können einem die Aktienkurse kurzfristig egal sein.“

Masse statt Klasse, oder wie? Aber auf lange Sicht ist das „kurzfristig egal“, sicher. … 😉

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Die teuerste Grillparty der Welt ….

… veranstaltet im Juli 2006 von einer gewissen Frau Merkel für einen amerikanischen Kriegsverbrecher Präsidenten, ist (leider) längst in Vergessenheit geraten. Damals wurde schon über Kosten von 12 Millionen Euro oder mehr spekuliert.

Ein Bürger will es genauer wissen und klagt – gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz – vor dem VG Schwerin auf Vorlage bzw. Einsichtnahme in die Rechnungen, wie u.a. der NDR berichtet:

Die genauen Kosten der Grillparty mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush im Juli 2006 bleiben weiter offen. Das Verwaltungsgericht Schwerin, das sich mit einer Klage auf Einsicht in die detaillierten Länderrechnungen für den Polizei-Einsatz befasste, kündigte eine Entscheidung für den 8. September an.

Das Gericht hat aber einen Teilerfolg in Aussicht gestellt. Der Richter zitierte aus dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes. Danach dürfen Informationen nicht herausgegeben werden, wenn andere Länder betroffen sind und dem Begehren widersprechen. Drei der 14 am Polizei-Einsatz beteiligten Bundesländer hatten einer Veröffentlichung der Gesamtkosten zugestimmt. Trotzdem hatte das Innenministerium in Schwerin die Veröffentlichung aller Rechnungen abgelehnt. Das widerspreche, so der Vorsitzende Richter, dem Informationsfreiheitsgesetz. Wenn andere Bundesländer einer Veröffentlichung zustimmen, könne Mecklenburg-Vorpommern dies nicht verweigern. Laut Innenministerium waren die Kosten höher als die bislang genannten 8,7 Millionen Euro.

Egal, wie der Prozess ausgeht: Immerhin gut geeignet als mahnende Erinnerung, für welchen unglaublichen Schwachsinn hier mit vollen Händen diverse Millionen verschleudert wurden – insbesondere von Leuten, die gerne Sparsamkeit predigen. Eine Entscheidung soll am 8. September gefällt werden – man darf gespannt sein.

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„Geeignete Bereifung" – und ähnliche Schwammigkeiten

Der Kollege Langhans referiert – wie auch schon das Schadenfixblog – noch einmal die „Winterreifen“-Entscheidung des OLG Oldenburg 2 SsRS 220/09 vom o9.o7.2010.

Wie der Kollege zutreffend ausführt, wird „nicht der Sommerreifen im Winter geschützt, nur die Bußgeldnorm in ihrer schriftlichen Fassung kritisiert“ – und das durchaus zu Recht: Die beiden entscheidenden Sätze des § 2 Abs. III a) StVO lauten wie folgt:

Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage.

Dass das Wort „geeignete“ dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot eher nicht genügt, hätte vielleicht auch schon früher auffallen können, oder? Von ähnlicher Qualität ist auch die Anordnung von „Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage:

Dass die – in anderen Paragrafen (z.B. § 35 h Abs. III S.1 StVZO) durchaus zu findende – Ausnahmeregelung für Motorräder hier fehlt (obwohl sie zweifelsohne „Kraftfahrzeuge“ im Sinne der Norm sind), sei noch verziehen, aber:

Wird ein Kraftfahrer einmal ohne Frostschutzmittel in der Waschanlage „erwischt“
· ist er dann ausnahmslos zu „bebußgelden“ – oder nur in den Wintermonaten?
· Wenn ja, welche sind das konkret?
· Gibt es hier ggf. regionale Unterschiede?
· Kommt es evtl. auch darauf an, in welcher Konzentration das Frostschutzmittel im Waschwasser vorhanden ist?
· Muss es ggf. sogar bestimmten Minustemperaturen standhalten?

Fragen über Fragen – und Stoff genug für die nächste Rechtsbeschwerde. 😉

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Schnauze halten!

Nicht besonders vornehm, aber bewusst krass ausgedrückt: Ein Rat, den man nicht oft genug wiederholen kann: Gegenüber Ermittlungspersonen aller Art ist Schweigen sowohl in mündlicher als auch in „schriftlicher“ Form in aller Regel das Beste, was man tun kann – zumindest so lange, wie man nicht anwaltlich beraten ist.

Besonders beliebt ist auch die Unsitte von Polizeibeamten, Bürger zunächst einmal zur „Erörterung eines Sachverhalts“ o.ä. zu laden oder die beliebten „informatorischen Befragungen“ vorzunehmen. Das man hier sehr schnell auf sehr dünnes Eis gerät und unvorsichtige Äußerungen in diesem Zusammenhang kaum noch korrigierbar sind, stellt der Kollege Burhoff anschaulich anhand zweier Entscheidungen dar. Sehr schön das dortige Rechtsprechungszitat:

Seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1992 ist zwar anerkannt, dass der Verstoß gegen die Belehrungspflicht bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten durch die Polizei (§§ 163a Abs. 4 S. 2, 136 Abs. 1 S. 2 StPO; hier i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) grundsätzlich ein Verwertungsverbot nach sich zieht (m.w.N.). Dabei wird aber davon ausgegangen, dass nicht jeder unbestimmte Tatverdacht bereits die Beschuldigteneigenschaft begründet mit der Folge einer entsprechenden Belehrungspflicht; vielmehr kommt es auf die Stärke des Verdachts an. Es obliegt der Strafverfolgungsbehörde, nach pflichtgemäßer Beurteilung darüber zu befinden, ob dieser sich bereits so verdichtet hat, dass die vernommene Person ernstlich als Täter oder Beteiligter der untersuchten Straftat in Betracht kommt.

Und zu dieser „pflichtgemäßen Beurteilung“ führt man ggf. zunächst einmal eine informatorische Befragung durch, möchte man ergänzen – aber das wäre natürlich unverdient zynisch, oder? 😉

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StPO-Änderung dringend erforderlich

Der Kollege Siebers hält eine Ergänzung der StPO für zwingend notwendig, um die Möglichkeit des Befangenheitsantrages gegen Mitverteidiger einzuführen.

Eine andere redaktionelle Änderung erscheint mir noch dringender: Im Zivilrecht setzen Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Urteile i.d.R. eine Beschwer voraus. Vereinfacht ausgedrückt: Entspricht das Urteil dem Antrag, sind Rechtsmittel unzulässig.

Leider fehlt eine entsprechende ausdrückliche Vorschrift in der StPO. Das führt dann zumindest zu Vertrauensverlusten, wie sie der Kollege Dietrich beklagt: Alle Verfahrensbeteiligten einschließlich der Staatsanwaltschaft treffen eine Absprache, es wird entsprechend entschieden und die StA hat dann nicht besseres zu tun, als Rechtsmittel einzulegen.

Ähnlich erging es neulich meinem Mandanten: Das Urteil entsprach dem übereinstimmenden Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, was den sachbearbeitenden Staatsanwalt allerdings nicht hinderte, dennoch Berufung einzulegen, um die Schuldform zumindest von Fahrlässigkeit in Vorsatz zu ändern.

Derartiges widersprüchliches Verhalten gehört unverzüglich verboten!

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Missbrauchsgebühr auch bei Zivilgerichten?!

Das rehmoblog berichtet über einen ersichtlich sinnlosen Rechtsstreit:

Eine weitere Lehrerin steht in ihrem Kampf gegen das Internetportal «spickmich.de» vor einer Niederlage. «Wir werden die Berufung zurückweisen», kündigte die Vorsitzende Richterin am Düsseldorfer Oberlandesgericht, Marietta Spahn, am 25.08.2010 an. … Ein fast identisches Verfahren ist bereits beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Richterin Spahn zeigte sich über die neuerliche Klage verwundert. «Wir haben nicht verstanden, warum ein zweites Verfahren angeleiert worden ist. Beim Bundesverfassungsgericht ist die Sache ohnehin. Was soll das letztendlich?», fragte sie die Anwältin der Lehrerin. Diese kündigte an, auch das zweite Verfahren vor das Bundesverfassungsgericht bringen zu wollen. Das Verfahren werde von der Lehrergewerkschaft GEW unterstützt.

Höchste Zeit, eine § 34 Abs. II BVerfGG entsprechende Norm auch in der ZPO zu verankern!

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