Hobbykomiker

Durch einen Kommentator bei dem Kollegen Vetter wurde ich auf einen Blogeintrag des Kollegen Frese aufmerksam. Ein Herr Dr. Richter am Amtsgericht teilte dem Kollegen zu einem Terminsverlegungsantrag u.a. Folgendes mit:

… wird der Termin zur Hauptverhandlung nicht aufgehoben oder verlegt.

Ein Anspruch auf Verlegung eines HVT ist dem deutschen Strafprozeßrecht fremd. Diesbezüglich wird auf das Beschleunigungsgebot verwiesen, welches nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten steht … und auch nicht durch Verteidiger unter-laufen werden kann, die Mandate annehmen, die dann nicht in angemessener Zeit bearbeitet werden können. …

Soweit i.ü. ein Interesse an einer Bestimmung von Terminen besteht, gibt es die Möglichkeit, sich bei diversen OLG-en für das Richteramt zu bewerben. Danach bestünde gegebenenfalls die Möglichkeit der Bestimmung der Terminsstunde.

„Verteidiger, die Mandate annehmen, die dann nicht in angemessener Zeit bearbeitet werden können“ – Soll man etwa als Anwalt schon vor Annahme eines Mandats bei Gericht anfragen, ob und ggf. wann es zu terminieren gedenkt?

Ob der Herr Dr. Richter am Amtsgericht seinen Hinweis, der Kollege möge sich ggf. als Richter bewerben, wenn er „Terminshoheit“ haben wolle, wirklich witzig findet?

Für mich sieht das eher nach Arroganz der Macht aus – und zwar einer ganz üblen Form. Leider ist nicht bekannt, ob der angekündigte – und durchaus berechtigte – Befangenheitsantrag des Kollegen durchging.

Ohnehin bleibt unverständlich, welchen Zirkus manche Richter bei Terminsverlegungsanträgen veranstalten, s. auch das Beispiel des Kollegen Vetter.

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E 10 – Der Zirkus geht schon wieder los

Die Süddeutsche feierte jüngst noch das Ende von E 10, berichtet jetzt aber von einem zweiten Anlauf, den zweifelhaften Sprit in den Markt zu drücken. Und in der Tat – jetzt bietet z.B. auch SHELL hier das Zeug an. Es ist zwar (gewollt) billiger als „normales“ Super (oder auch die Alternativen künstlich teurer), aber ökologisch fragwürdig und weniger energiehaltig – was die Preisdifferenz über den Mehrverbrauch relativiert.

Ob der Fusel wirklich „eine wichtige Option für die Zukunft“ ist, wie ADAC-Präsident Peter Meyer jetzt meint, mag bezweifelt werden. Aber man weiß ja auch nicht so genau, wessen Zukunft er konkret gemeint hat. 😉

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Die Abzockklitsche droht

Die Mandantin erhielt nachfolgenden Drohbrief von premiumdownloaden.de bzw. einer ominösen Firma (?) namens „Miranavo Content Plus“, die jetzt massiv droht:

RECHTLICHE KONSEQUENZEN

Sehr geehrte/r _,

ihnen gegenüber wurde durch uns trotz Ihres vertragswidrige Verhaltens sehr viel Geduld bewiesen. Trotz unserer vielen Mahnung und deutlichen Hinweise auf den gültigen Vertragsschluss zwischen Ihnen und uns, weigern Sie sich weiterhin Ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen. Offenbar sind Ihnen die rechtlichen Konsequenzen nicht bewusst. Durch den Download von iTunes haben Sie auf das Ihnen zustehende Widerrufsrecht gem. § 312 Abs. 3 BGB selbst verzichtet. Insofern ist es uns unverständlich, warum Sie zwar unsere Leistung in Anspruch nehmen, die Ihrige dennoch nicht erfüllen wollen. Dieses kann u.U. auch strafrechtliche Konsequenzen zeitigen.

Zur Vermeidung von zivilrechtlichen und möglichen strafrechtlichen Weiterungen, letztere allerdings vorbehaltlich einer Prüfung durch unseren Rechtsanwalt, geben wir Ihnen eine letzte Gelegenheit die für uns alle missliche Situation aus der Welt zu schaffen. Sollten Sie trotzdem kein Interesse an einer einvernehmlichen Lösung haben, so werden wir unseren berechtigten Anspruch gegen Sie gerichtlich Geltung verschaffen müssen. Dadurch werden auf Sie erhebliche Mehrkosten (Gerichts- und Anwaltsgebühren) zukommen, die Sie durch die Erfüllung Ihrer Vertragspflicht vermeiden können. Es liegt nunmehr an Ihnen die Folgen eines Gerichtsverfahrens und die daran anschließende Zwangsvollstreckung und den möglichen Eintrag in ein Schuldnerverzeichnis zu vermeiden.

HINWEIS: Bitte beachten Sie unsere neue Bankverbindung! Bitte überweisen Sie den Gesamtbetrag von 109.50 EUR sofort auf das Konto des Treuhänder Frank Seiler. …

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsabteilung

Die deutsche Sprache bzw. Orthografie und Interpunktion scheint nicht so die Stärke der Abzocker zu sein. Und auch juristisch eher Unfug:

Das Widerrufsrecht gem. § 312 Abs. 3 BGB bezieht sich nur auf Haustürgeschäfte, nicht auf Verträge der hier vorliegenden zweifelhaften Art. Dass man „durch den Download von iTunes“ mit Sicherheit weder auf dieses noch ein anderes Widerrufsrecht verzichtet, sei nur am Rande erwähnt. Und ob die „erheblichen Mehrkosten (Gerichts- und Anwaltsgebühren)“ tatsächlich auf meine Mandantin zukommen, wird sich noch zeigen. Die „strafrechtlichen Weiterungen“ sind allerdings nicht nur möglich, sondern eher sicher – wenn auch anders, als die Abzocker denken (s. auch beim Kollegen Dosch). 😉

Das umfangreiche Sammelverfahren bei der Rostocker Staatsanwaltschaft wird wohl noch ein bisschen erweitert. 😉

Interessant auch, dass die Klitsche schon einen „Treuhänder“ beschäftigt. Vielleicht auch nur ein Trick, um das eigene Konto vor Vollstreckungsmaßnahmen zu schützen.

Dass man selbstverständlich sowohl für Telefon als auch für Telefax 0900-Nummern verwendet (0,99 EUR/min), sei nur am Rande erwähnt.

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Mal angenommen …

… ich würde als Klägervertreter zumindest hunderte von Fällen mit (nahezu) identischer Thematik bearbeiten (Insider wissen, was gemeint ist), verliere einen Prozess vor einem Landgericht, gehe in Berufung und das OLG gibt zu erkennen, die Klage und auch die Berufung wegen eines zentralen Problems für nicht begründet zu halten …

… dann würde ich lieber leise weinend über eine Berufungsrücknahme nachdenken und einen Prozess verlieren – als eine Trumpfkarte für die Gegner in allen weiteren Verfahren zu produzieren.

Aber ich bin ja nicht auf Klägerseite – und der gegnerische Kollege ist ersichtlich so von sich und seinen Testbausteinwüsten Schriftsätzen überzeugt, dass ihm dieser Gedanke wohl gar nicht erst kam. Verbindlichsten Dank – auch dem OLG Koblenz!

Aber es besteht ja noch Hoffnung: Das OLG hat die Revision zugelassen. Und dass der gegnerische Kollege jedenfalls den BGH davon überzeugen wird, das selbstverständlich völlig rechtsirrige Urteil des OLG zu kassieren, kann doch nicht ernsthaft zweifelhaft sein, oder? 😉

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Vermittlungsgebührenvereinbarungen – pacta sunt servanda?

Pacta sunt servanda – Verträge sind zu erfüllen, ein alter Rechtsgrundsatz. Fast ebenso bekannt: „Zwei Juristen, drei Meinungen“. Ein schönes (?) Beispiel das Urteil 11 O 201/10 des LG Trier vom 25.o1.2011:

Es ging um Ansprüche aus einer Vermittlungsgebührenvereinbarung zu einer Nettopolice der Atlanticlux. Wichtig ist hier, dass der Vermittler ausdrücklich „als Versicherungsvertreter von Lebensversicherungen im Auftrage der Atlanticlux Lebensversicherung S.A.“ auftrat. Das Gericht gab der entsprechenden Klage mit auffallend kurzer Begründung statt, die im Wesentlichen auf eben erstgenannten Grundsatz hinausläuft – und schlicht auf mangelnde Verteidigung des Beklagten und/oder unsorgfältige Arbeit des Gerichts hindeutet. So meinte das Gericht hinsichtlich der Vermittlungsgebührenvereinbarung u.a.:

„Eine derartige Vereinbarung ist wirksam (vgl. BGH NJW 2005, 1357 f.).“ Ach, wirklich? Hier handelt es sich um die Entscheidung III ZR 251/04 vom 20. Januar 2005. Voll daneben, Hohes Gericht! Der BGH a.a.O.:

Amtsgericht und Landgericht sind auf der Grundlage des Parteivorbringens davon ausgegangen, daß die Klägerin bei der Vermittlung des Versicherungsvertrags mit der Beklagten nicht als Handelsvertreterin (Versicherungsvertreterin) nach den §§ 84 ff., 92 HGB, sondern als unabhängige Versicherungsmaklerin (§§ 93 ff. HGB ) tätig geworden ist. Die Revision greift das als ihr günstig nicht an. Diese Feststellungen sind daher auch für den Senat maßgebend. Rechtsgrundlage der Provisionsansprüche ist somit § 652 BGB.

Eben – als Versicherungsmaklerin und nicht als Versicherungsvertreter! Deren Provisionsansprüche folgen auch nicht aus § 652 BGB, schon deshalb ist diese BGH-Entscheidung hier nicht einschlägig. Das LG Trier weiter: „Auch dass die Widerrufsfrist frühestens mit Erhalt dieser Belehrung beginnt, ist nicht zu beanstanden.“ Dass diesbezüglich diverse andere Gerichte (bis hin zum BGH) anderer Auffassung sind, wird nicht erwähnt.

Das AG Trier hat sich in einem anderen Verfahren (32 C 378/10) offensichtlich mehr Mühe gemacht und die Klage abgewiesen, was das LG Trier mit Beschluss 1 S 56/11 vom 15.o6.2011 bestätigte:

Völlig zutreffend differenziert das Amtsgericht in seinem Urteil zwischen Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern im Sinne des § 59 VVG n.F.

Soweit die Rechtsprechung übersehen werden kann, wird in Fällen, in denen ein Versicherungsmakler tätig geworden ist, nach herrschender Rechtssprechung, die auch vom BGH bestätigt wurde (BGH NJW 2005, 1357), davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Abschlussprovision bei der Vermittlung von Lebensversicherungen mit Nettopolice nicht dadurch entfällt, dass der Kunde die Versicherung vorzeitig kündigt und auch die formularmäßige Klausel diesbezüglich wirksam ist. Hierzu wird auf die zutreffenden weiteren Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen.

Obergerichtliche Urteile, die das Tätigwerden eines Versicherungsvertreters betreffen‚ existieren – soweit ersichtlich – nicht. Soweit die Klägerin Urteile und Hinweisbeschlüsse von zahlreichen Amts- und Landgerichten vorlegt, die ihre Rechtsansicht vermeintlich stützen, so haben diese eine Unterscheidung zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern fälschlicher Weise erst gar nicht vorgenommen. …

… und so wohl auch die Kollegen aus der 11. Kammer des LG Trier. 😉

Wieder ein Beispiel dafür, dass es einiges Aufwandes (und Hintergrundwissens) bedarf, um Gerichten in den „Vermittlungsgebührenvereinbarungs-Fällen“ zu verdeutlichen, dass es hier um mehr als ein einfaches „pacta sunt servanda“ geht.

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„Dumping-Werkstatt" nicht zumutbar

Die sog. Porsche-Entscheidung des BGH (VI ZR 398/02 vom 29.o4.2003 – wonach Geschädigte, die fiktive Reparaturkosten abrechnen, die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt ansetzen dürfen) ist noch lange nicht vom Tisch, wie der dritte Leitsatz des aktuellen BGH-Urteils VI ZR 337/09 vom 22.o6.2010 zeigt:

a) Der Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

b) Der Schädiger kann den Geschädigten aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden.

c) Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die marktüblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen.

Nach dem sog. VW-Urteil des BGH (VI ZR 53/09 vom 20.10.2009) hatten diverse KH-Versicherer Morgenluft gewittert und Sonderkonditionen mit Kfz-Werkstätten vereinbart, um Geschädigte dann an diese als kostengünstigere Alternative zu verweisen. Das ging hier schief. Den Beklagten wurde ersichtlich insbesondere ein an der Werkstatt angebrachtes Hinweisschild mit der Aufschrift „Schadenservice Spezial-Partnerwerkstatt VHV Versicherungen“ zum Verhängnis. 😉

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Anwalt schlau, Gericht doof?

Es geht u.a. um eine vertraglich zulässige Versicherungsdauer. Der Kollege belehrt das Landgericht, „dass die Hinweise der Kammer – bei allem Respekt – nicht nachvollziehbar sind“:

Das Eintrittsalter des Beklagten hat 24 Jahre betragen. Der Hinweis im Sitzungsprotokoll ist damit falsch. Die Ansparphase hat 61 Jahre betragen. Damit wäre der Beklagte – nach Adam Riese – bei Ende der Ansparphase 85 Jahre alt. Denn die Ansparphase endet am 30.11.2067

Nach Adam Riese, sieh’ an, der Textbausteinkönig wird spaßig! Soweit immerhin mathematisch richtig (die Tempusfehler und das „wäre“ einmal ignoriert). Da das Gericht aber offensichtlich begriffsstutzig ist, wird der Kollege noch präziser:

Der Beklagte wurde am 22.o9.1982 geboren. Damit wäre der Beklagte bei Ende der Ansparphase 85 Jahre, 2 Monate und 8 Tage alt.

So weit auch zutreffend. Also weiter:

In … § 12 Ziff. 2 AVB wurde vereinbart, dass bei Ende der Ansparphase das 85. Lebensjahr noch nicht überschritten sein darf.

Auch richtig. Aber jetzt:

Dieses 85. Lebensjahr wird aber hier – wie bereits vorgetragen – bei Ende der Ansparphase gerade nicht überschritten.

Und peng – blamiert! Dass jemand, der „85 Jahre, 2 Monate und 8 Tage alt“ ist, sich dann bereits im 86. Lebensjahr befindet, dürfte – „bei allem Respekt“ – zur Allgemeinbildung gehören, oder?

Nachtrag: Das LG lässt sich von der Attacke des Klägervertreters nicht beirren und belehrt diesen freundlich:

… Dabei übersieht die Klägerin jedoch offensichtlich, dass mit Vollendung des 85. Lebensjahres das 86. Lebensjahr beginnt und nach § 12 Ziffer 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen die versicherte Person bei Ende der Ansparphase das 85. Lebensjahr nicht überschritten haben darf.

Eigentlich ganz einfach, oder ?

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