Top of Schwachsinn

Das Beck-Blog lässt sich zu einer sehr berechtigten Forderung hinreißen:

Liebe Politik, bitte verzichtet auf solche Gesetze! Stoppt den Unsinn und denkt lange nach, bevor Ihr wirklich an das „Machen“ von Gesetzen geht. Gesetze wollen handwerklich und dogmatisch sauber geschrieben sein, das braucht Zeit, Ruhe und Verstand.

Der stille Beobachter pflegt dennoch – und ganz offensichtlich vergeblich – seinen „jugendlichen Idealismus, der den letzten Glauben an die Vernunft der Politik am Leben hält“,

Bei adversario.de hält man das Thema – wohl eher fahrlässig – für „die neue Sau im Dorf Jugendmedienschutz“. Es geht um den Jugendmedienstaatsvertrag, kurz JMSTV.

Dass hier keineswegs ein zu vernachlässigendes Leichtgewicht, sondern juristischer Dünnsinn in Reinkultur auf den Weg gebracht werden sollen, belegen demgegenüber u.a. der äußerst lesenswerte Beitrag des Kollegen Schwenke sowie die Analyse der Piratenpartei eindrucksvoll.

Deshalb allerdings prophylaktisch sein Blog vom Netz zu nehmen, wovon z.B. der Kollege Dosch berichtet, dürfte ungefähr so sinnvoll sein wie Suizid aus Angst vor dem Tod. Nein – ganz im Gegenteil, jetzt erst Recht. Wer, wenn nicht Blogger, sollten denn die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diesen gesetzgeberischen Schwachsinn lenken?

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Was lange währt …

Aus der Selbstdarstellung eines Kollegen:

… beantragte ich zum Jahresende 1999 die Genehmigung zum Führen des Titels „Fachanwalt für xyz“. Seit der Sitzung des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer *** am 28.04.01 ist es mir nun gestattet, die Bezeichnung „Fachanwalt für xyz“ zu führen.

Immerhin, nach knapp 1 ½ Jahren. 😉

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Aufbauseminar statt Fahrverbot

Einen Ausweg aus der Fahrverbotsfalle für Schnellfahrer zeigt der aktuelle ADAJUR-Newsletter bzw. das AG Miesbach auf:

Absehen von Fahrverbot bei Teilnahme an Aufbauseminar für Punkteauffällige
Von einem Fahrverbot nach § 4 Abs.2 BKatV kann abgesehen werden, wenn der Betroffene die Teilnahme an einem Aufbauseminar für Punkteauffällige (ASP) nachgewiesen hat und deshalb davon auszugehen ist, dass auf die Warnfunktion verzichtet werden kann.

AG Miesbach 1 OWI 57 JS 26159/10 vom 4.10.2010
Fundstellen: DAR 2010, 715 ADAJUR-ARCHIV #90419

Zwar ein teuerer Ausweg, aber wenn’s sein muss .. 😉

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Akteneinsichtsrecht umfasst Bedienungsanleitung

Wie zuvor schon das AG Neuruppin (84/1 E OWI 79/08 vom 22.09.2008) hat laut aktuellem ADAJUR-Newsletter nun auch das AG Herford (11 OWI-34 JS 1453/10-624/10 vom 20.09.2010) entschieden, dass das Akteneinsichtsrecht sich auch auf die Bedienungsanleitung des verwendeten Messgeräts erstreckt:

Recht auf Akteneinsicht bei Geschwindigkeitsverstößen auch hinsichtlich Bedienungsanleitung

1. Der Verteidiger des Betroffenen hat im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hat, ein Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Gericht und dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden.
2. Dieses Recht umfasst auch den Einblick in die Bedienungsanleitung des Gerätes, mit dem die Messung erfolgte. Die Einsicht in die Bedienungsanleitung ist zu gewähren, um zu gewährleisten, dass der Verteidiger des Betroffenen die Bedienung und Aufstellung des Messgerätes nachvollziehen kann.

Aus den Gründen: Vorliegend sind auch keine Gründe ersichtlich, die gegen ein solches Akteneinsichtsrecht sprechen. Allerdings können Unterlagen wie Bedienungsanleitungen, die nicht der Bußgeldakte angehören, nur im Original verfügbar sind und derer die zuständigen Polizisten stets bedürfen, nur auf der jeweiligen Polizeidienststellen eingesehen werden. So liegt es auch hier. Auch eine Fertigung von Kopien kommt nicht in Betracht.

Fundstellen: DAR 2010, 715; ADAJUR-ARCHIV #90418

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Birkenstock wirft das Handtuch

Wie die Radionachrichten sowie n-tv soeben berichten, hat der Verteidiger des Wettermoderators Jörg Kachelmann überraschend sein Mandat niedergelegt.

Der Kölner Anwalt Reinhard Birkenstock bestätigte, er habe der Strafkammer des Landgerichts Mannheim mitgeteilt, „dass ich nicht mehr Verteidiger von Herrn Kachelmann bin“. Fragen zu den Gründen seiner Entscheidung beantwortete Birkenstock nicht. Stattdessen verwies er auf eine Pressemitteilung, wonach er „aus berufsrechtlichen und prozessualen Gründen … zu keiner weiteren Auskunft in dieser Sache mehr zur Verfügung“ stehe.

Laut Blöd-Zeitung sagte Kachelmanns „Medienanwalt“ Professor Ralf Höcker zu BILD.de:

„Es hat einen Anwaltswechsel von Rechtsanwalt Birkenstock zu Rechtsanwalt Johann Schwenn aus Hamburg gegeben. Andrea Combé bleibt weiterhin Verteidigerin von Herrn Kachelmann. Ich vertrete ihn weiterhin medienrechtlich.“

Es bleibt also spannend!

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Vermittlungsgebührenvereinbarung zur Nettopolice – Auch in Hamburg nicht erfolgreich

Das AG Hamburg-Bergedorf (409 C 225/10 vom 23.11.2010) hatte wenig Verständnis für Nettopolicen nebst Vermittlungsgebührenvereinbarungen und meinte u.a. :

… das Geschäftsmodell der Klägerin zielt darauf ab, einem normalen Kunden, der sich hinsichtlich einer Lebensversicherung beraten lassen möchte, etwas zu verkaufen, was mindestens von dem herkömmlichen System völlig abweicht. Denn üblicherweise ist ein völlig normaler Kunde, der eine Lebensversicherung abzuschließen gedenkt, nicht darauf eingestellt, bei einem Vertreterbesuch damit konfrontiert zu werden, dass neben einer Versicherung auch noch eine Vermittlungsgebührenvereinbarung getroffen werden soll.

Genau diese Überlegung trifft ziemlich genau die übliche Situation – auch wenn der Bundesgerichtshof Vermittlungsgebührenvereinbarungen grundsätzlich für zulässig hält, was aber über die durchaus relevanten Umstände des Einzelfalles schlicht gar nichts aussagt.

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Der Atlanticlux war die Veröffentlichung dieser Gegendarstellung offensichtlich so wichtig, dass sie mir das entsprechende Aufforderungsschreiben gleich drei Mal übersandte: Vorab per Telefax, per Einschreiben/Rückschein und auch noch per Einwurf-Einschreiben.

Ob ein entsprechender Veröffentlichungsanspruch überhaupt besteht, erscheint mehr als zweifelhaft. Wie das BVerfG mit Beschluss 1 BvR 967/05 vom 19. Dezember 2007 entschieden hat, besteht ein solcher Anspruch nur, wenn sich durch die Berichterstattung eine Aussage „als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängen muss“ – und eben das halte ich hier für mehr als zweifelhaft:

Der unbefangenen Leser dürfte sehr wohl verstehen, dass die Atlanticlux S.A. nicht Partei des hier erwähnten Rechtsstreits war, sondern eine Vermittlerfirma (konkret die Superior Vertriebsmanagement GmbH), die Atlanticlux-Produkte verkaufte und daneben die streitgegenständliche Vermittlungsgebührenvereinbarung abschloss.

Aber bitte: Wer nichts zu verbergen hat … 😉

Und selbstverständlich werde ich in diesem Blog auch gerne weiter über die Atlanticlux S.A. und ihre Vertriebsstrategien berichten und auch über die Verschachtelungen der FWU AG, der Atlanticlux Lebensversicherung S.A., der FWU Provisons-Factoring GmbH, der FWU Payment-Services GmbH; über Excalibur Tatarelis & Partner KG und die Superior Vertriebsmanagement GmbH

Update 20.12.2011: Das Urteil des AG HH-Bergedorf wurde nun bestätigt durch das Berufungsurteil des LG Hamburg 332 S 175/10 vom 16.12.2011. 😉

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Wer zuletzt lacht …

Unser Amtsgericht pflegt Terminsverlegungsanträge grundsätzlich mit einem inhaltlich hier vorerst nicht zu kommentierenden Textbaustein zurückzuweisen. Derartige Beschlüsse sind gem. § 227 Abs. IV S 3 ZPO (leider) unanfechtbar. Zwei Auswege gibt es doch:

Man verständigt sich mit der Gegenseite, beiderseits nicht zum Termin zu erscheinen. Dies führt in aller Regel zum Platzen des Termins und späterer Neuterminierung – jedenfalls dann, wenn noch nicht in einem früheren Termin mündlich verhandelt wurde.

Man beglückt das Gericht kurz vor dem Termin mit einem Befangenheitsantrag, was über § 47 Abs. I ZPO ebenfalls in aller Regel dazu führt, dass in dem Termin jedenfalls nicht mehr verhandelt und deshalb ein neuer Termin erforderlich wird.

Beide Varianten verursachen letztlich gerade für das Gericht deutlich mehr Aufwand, als einem Terminsverlegungsantrag einfach stattzugeben. Aber wenn man es denn gerne so will. 😉

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Kein Maulkorb by rima !

Wie bereits berichtet, fand die rima AG es u.a. ganz schröcklich ehrenrührig, dass Ihr ein Kommentator eine – hm – suboptimale Vermittlung der beliebten Nettopolicen nebst Vermittlungsgebührenvereinbarungen unterstellt hatte.

Am 16.11.2010 hat nun die mündliche Verhandlung vor dem AG Leipzig stattgefunden. Das Gericht fand klare Worte, es wies darauf hin, dass es sich hier …

… um eine rechtlich zulässige Meinungsäußerung handelt und ein Anspruch wegen eines Eingriffes in den Gewerbebetrieb nicht besteht. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des Nebenintervenienten an.

Das veranlasste die Klägervertreter, bezüglich des letzten Schriftsatzes des Nebenintervenienten (meiner Wenigkeit) vom 15.o7.2010, Schriftsatzfrist zu beantragen Dies lehnte das Gericht ab mit der zutreffenden Begründung, man habe seither genug Zeit gehabt, hierauf zu erwidern.

Daraufhin stellten die Klägervertreter keinen Antrag, ihre Klage wurde dann per Versäumnisurteil abgewiesen. Mal sehen, ob sie noch einen Einspruch riskieren. 😉

P.S.: Viele Grüße von Frau Streisand ! 😉

Update: Sie riskieren es tatsächlich! 😉

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Vermittlungsgebührenvereinbarungen – Lizenzen zum Gelddrucken?!

In einem der beliebten Rechtsstreitigkeiten um die unseligen Vermittlungsgebührenvereinbarungen legt die Gegenseite einen Auszug aus einer Liste vor:

Diese enthält – alphabetisch geordnet – Fälle, welche eine frühere (zwischenzeitlich insolvente) Strukkibude Vermittlerfirma an die gegnerischen Kollegen zur weiteren „Bearbeitung“ abgegeben hat. Allein von den Buchstaben Kes… bis Kie… finden sich hier immerhin 49 Fälle.

Wohlgemerkt, eine Liste nur einer von zahlreichen Strukkibuden Vermittlerfirmen. Hochgerechnet dürften sich daher zumindest Hunderte, viel eher aber Tausende von Fällen ergeben, in welchen die (angeblichen) Ansprüche aus Vermittlungsgebührenvereinbarungen mit anwaltlicher Hilfe durchgesetzt werden sollen. Ein lohnendes Geschäft!

Nebenbei: M.E: ein deutliche Indiz dafür, dass die Kunden die Vermittlungsgebührenvereinbarungen eben nicht verstanden haben, anders ist es nicht zu erklären, dass sie in so hoher Zahl „vertragsbrüchig“ und zum Opfer anwaltlicher bzw. gerichtlicher Aktivitäten werden.

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